Tipps für barrierefreie PDF-Dateien aus LibreOffice
aoe / 21. Februar 2025 / Lesezeit: 9 Minuten / Tags: LibreOffice, PDF, Accessibility
Beruflich verwende ich die freie Office-Software LibreOffice und vor allem LibreOffice Writer bereits seit Jahren. Für meine Zwecke ist der Leistungsumfang mehr als ausreichend. Anders als bei MS Office muss ich mich auch nicht mit Änderungen in puncto Abobestimmungen und ähnlichen Unwägbarkeiten befassen. Dass LibreOffice von Hause aus auch barrierefreie PDFs erstellen kann, ist ein weiterer Pluspunkt. Wie das geht, zeigt meine Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Barrierefreiheit in LibreOffice
Seit einigen Versionen unterstützt LibreOffice nicht nur den Export von PDF/A (Archiv-PDF), sondern kann auch barrierefreie PDF-Dateien ausgeben. Genauer gesagt handelt es sich um PDF/UA (UA steht für Universal Accessibility, also „Universeller Zugang“).
Für diesen Beitrag wird der Weg anhand von LibreOffice 25.2 aufgezeigt.
Der rechtliche Rahmen
In diesem Jahr dürften barrierefreie PDF-Dateien noch mehr in den Focus rücken. So gilt ab dem Sommer 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG); dieses ist Teil des European Accessibility Act. Hersteller und Dienstleister ab einer gewissen Größe müssen Informationen über Produkte barrierefrei anbieten. Das betrifft dann nicht nur Webseiten, sondern auch PDF-Dateien, die dort zum Download angeboten werden.
Barrierefreie Texte mit Bildern – grundsätzliche Vorüberlegungen
Ein paar Dinge sind in allen Office- und Layoutprogrammen zu beachten, wenn man ein barrierefreies Ergebnis erzielen möchte:
- Die Datei benötigt einen Dokumenttitel.
- Die richtige Sprache muss global eingestellt sein.
- Eine Struktur wird über die Zuweisung von Formaten realisiert. Das gilt für Absätze (zum Beispiel Überschriften, Fließtext und Listen).
- Leere Absätze und Einrückungen über Leerzeichen oder Tabs sind zu vermeiden.
- Textauszeichnungen (fett, kursiv oder auch eine Farbe) sollten ausschließlich über Zeichenstilvorlagen umgesetzt werden und nicht über manuelle Einstellungen.
- Alle Bilder und Grafiken erhalten Beschreibungen über den sogenannten Alternativtext/AltText.
- Tabellen werden über Formate für Tabelleninhalt und Tabellenüberschriften aufgebaut.
- Ein Inhaltsverzeichnis muss mit Bordmitteln und nicht händisch angelegt werden. Das gilt auch für andere Verzeichnisse oder Verweise.
- Kontrast: Texte müssen sich ausreichend deutlich vom Hintergrund unterscheiden.
Schritt für Schritt zum gültigen PDF/UA
Damit die Erstellung eines barrierefreien PDF/UA-Dokuments gelingt, sind die oben genannten Punkte zu beachten, die sich teilweise gleich direkt in LibreOffice prüfen lassen. Doch ein anschließender Test des PDFs ist dringend empfehlenswert.
1. Dokumenttitel in den Einstellungen vergeben
Ein häufiges Hindernis auf dem Weg zu einer standardgemäßen PDF/UA-Datei ist ein fehlender oder falscher Dokumenttitel. Um diesen einzutragen, öffnet man über Datei/Eigenschaften das Eingabefenster. Unter Beschreibung ist unter anderem auch das Feld für den Titel zu finden – dieses muss ausgefüllt sein. (Was man bei der PDF-Erstellung beachten muss, damit der Dokumenttitel auch übernommen wird, steht im Abschnitt zum PDF-Export.)
2. Sprache einstellen
Um dafür zu sorgen, dass assistive Software Texte auch korrekt vorlesen kann, benötigt sie eine Kennung für die verwendete Sprache. Englische Texte mit einer deutschen Stimme vorgelesen, hören sich seltsam an, um nur ein Beispiel zu nennen. Ein PDF ohne Sprachkennung fällt durch den Test.
Neue Dokumente in LibreOffice verwenden die Sprache, die in den Programm-Einstellungen unter Sprache und Gebietsschema ausgewählt ist.
Sollte es notwendig sein, für ein Dokument eine andere Sprache auszuwählen, ist dies über Extras/Sprache möglich.
Einzelne Wörter in einer abweichenden Sprache zu markieren ist möglich, doch finden Anwender von Vorleseprogrammen es meist störend, wenn die Stimme mitten im Satz wechselt. Für längere Passagen oder Absätze ist ein Sprachwechsel eher sinnvoll.
3. Formate für Absätze und Zeichen nutzen
Formate für Absätze und Zeichen sorgen nicht nur dafür, dass ein Text „schön“ aussieht. Formate bilden auch die Textstruktur ab. Eine logische Abfolge von Überschriften hilft beim Lesen (bzw. Hören), die Gliederung des Textes sorgt für eine bessere Übersicht.
Überschriften werden beispielsweise auch zur Navigation auf Textseiten genutzt. So lässt sich von Überschrift 1 zu Überschrift 1 springen, um zügig einen bestimmten Absatz zu finden, auch bei Sehbehinderung.
Listen sind als echte Listen anzulegen (und nicht mit Einrückungen und Bindestrichen). Das sorgt für eine transparente Struktur. Ein Screenreader „versteht“ korrekt aufgebaute Listen.
Überhaupt sind grundsätzlich gestalterische Kunstgriffe wie mehrfache Zeilenumbrüche zu vermeiden, denn diese erzeugen leere Absätze.
Auch die Auszeichnung von Text über die Symbole F und K in der oberen Bedienleiste ist nicht eindeutig genug. Für die korrekte Anwendung stehen zwei Formatvorlagen für Zeichen bereit: Betont (kursiv) und Stark betont (fett).
Eine weitere wichtige Zeichenvorlage ist die Internetverknüpfung.
Tipp für Formatvorlagen: Wenn man temporär Hervorhebung unten im Fenster aktiviert, erkennt man im Text Bereiche oder Wörter ohne Auszeichnung besser.
4. Alternativtext für Bilder, Grafiken und Hyperlinks
Damit auch sehbehinderte Menschen erfahren, was auf Bildern und Grafiken zu sehen ist, kommen für die Barrierefreiheit Beschreibungen zum Einsatz. Screenreader lesen diese Alternativtext (AltText) genannten Beschreibungen vor.
LibreOffice stellt Funktionen bereit, um diese Beschreibungen zu hinterlegen.
Per Rechtsklick auf ein platziertes Bild oder eine Grafik öffnet sich eine Auswahl. Hier geht es weiter über Eigenschaften… (Bild) und schließlich zum Reiter Optionen, um zum passenden Fenster zu gelangen.
Unter dem Reiter Optionen ist das Feld für den Alternativtext entscheidend. Ein Alternativtext sollte präzise, aber nicht zu lang sein. Die Regel „erkläre jemandem kurz am Telefon, was du siehst“, kann hier hilfreich sein.
Für rein dekorative Elemente und Grafiken steht die Checkbox Dekorativ bereit.
Für Hyperlinks sieht LibreOffice übrigens eine ähnlich Vorgehensweise vor: Per Rechtsklick auf einen im Text platzierten Link steht die Option Hyperlink bearbeiten… bereit.
Tatsächlich ist es für PDF/UA jedoch nicht zwingend notwendig, Alternativtexte für Hyperlinks bereitzustellen. So kann man die entsprechende Warnung bei programmeigenen Check auch ignorieren bzw. diese programmweit deaktivieren.
5. Tabellen
Zuerst eine Vorbemerkung: Tabellen sollten ausschließlich für echte Tabellen verwendet werden, und nicht zu Gestaltungszwecken missbraucht werden.
Tabellen sind aus zwei Bestandteilen aufgebaut: dem Tabelleninhalt und der Tabellenüberschrift. Die Überschrift kann die oberste Zeile sein oder auch die linke Spalte. Beide Auszeichnungen sind in den Absatzformatvorlagen zu finden.
6. Inhaltsverzeichnis (Verzeichnisse)
Werden Inhaltsverzeichnisse und andere Verzeichnisse nicht von Hand, sondern mit den bordeigenen Funktionen von LibreOffice erstellt, so werden diese auch bei einem exportierten PDF/UA samt Struktur übernommen.
Meist werden die im Dokument enthaltenen Überschriften für das Inhaltsverzeichnis herangezogen. Im Fenster Verzeichnis (zu finden über Einfügen: Verzeichnis) lässt sich einstellen, bis zu welcher Ebene dies geschieht. Außerdem kann man weitere Vorlagen für das Inhaltsverzeichnis einbeziehen.
Die Struktur eines Inhaltsverzeichnisses in LibreOffice wird in ein strukturiertes PDF beim Export übernommen.
7. LibreOffice-Dokument vorab auf Barrierefreiheit prüfen
Das Textverarbeitungsprogramm stellt seit einigen Versionen eine Prüfung der Barrierefreiheit bereit. Das entsprechende Fenster öffnet sich per Klick auf das Icon (mit der Figur vor einem Dokumentsymbol) in der rechten Leiste.
Fehlt etwa ein Alternativtext für ein Bild, kann man per Klick auf den Beheben…-Button den Text nachträglich eintragen.
LibreOffice kann auch Texte finden, die sich nicht deutlich genug von Hintergrund unterscheiden. Hier sollte der Textkontrast erhöht werden.
Welche Eigenschaften LibreOffice bei der Prüfung berücksichtigt, wird per Klick auf die Optionen… (oben rechts) sichtbar. Hier kann man Prüfungen deaktivieren (etwa den Alternativtext für Hyperlinks).
8. Ein barrierefreies PDF (PDF/UA) exportieren
LibreOffice bietet einige Einstellungen, um PDF-Dateien (und auch EPUB) auszugeben.
Für den Export steht die Option Universelle Barrierefreiheit (PDF/UA) bereit.
Wichtig ist, dass unter Benutzeroberfläche die Checkbox für Dokumenttitel anzeigen aktiviert ist. Fehlt dies, kann keine gültige PDF/UA-Datei erstellt werden.
Per Klick auf die Exportieren-Schaltfläche wird die PDF-Erstellung gestartet.
Falls das Dokument Fehler aufweist, wird eine Warnung eingeblendet. Die Fehlerreparatur läuft wie oben gezeigt ab.
9. Das barrierefreie PDF (PDF/UA) prüfen
Nachdem die PDF/UA-Datei erstellt ist (oder wenn man eine PDF/UA Datei von extern erhalten hat), möchte man vielleicht überprüfen, ob der Standard für die Barrierefreiheit auch eingehalten wird.
Es gibt eine Reihe von Online-, oder Desktopwerkzeugen, mit denen sich PDF-Dateien auf barrierefreie Merkmale überprüfen lassen.
So ist etwa die PDF Association dabei, eine Sammlung mit Tools rund um PDF zusammenzustellen. Diese Liste lässt sich eingrenzen, zum Beispiel auf PDF-Lösungen zum Prüfen auf PDF/UA. Die Seite informiert in englischer Sprache.
Zwei Lösungen möchte ich hier kurz vorstellen.
PAC – PDF Accessibility Checker
PAC bietet umfassende Möglichkeiten, um PDF-Dateien auf die Einhaltung der Vorgaben für PDF/UA und WCAG zu untersuchen. PAC kann direkt zu Problemstellen im PDF springen. Der umfangreiche Prüfbericht kann dabei helfen, Problemstellen zu finden und die Fehler zu beseitigen. Die Reports lassen sich auch exportieren und zu Partnern weitergeben.
Das Desktop-Programm läuft jedoch derzeit (Februar 2025) nicht auf macOS oder Linux. Für Abhilfe kann zwischenzeitlich axesCheck sorgen.
axesCheck von axes4
Mit axesCheck können PDF-Dateien plattformunabhängig per Browser hochgeladen werden, um sie – ebenfalls auf PDF/UA und WCAG – zu prüfen. Die Dateigröße ist auf 10 MB begrenzt.
Fazit
Für die digitale Barrierefreiheit wird derzeit eine Menge getan. Die Erstellung und das Prüfen auf PDF/UA ist jetzt allgemein verfügbar – auch mit kostenlosen Lösungen.
Es kann gut sein, dass die hier gezeigten Wege demnächst etwas anders aussehen. Auch die PDF/UA-Spezifikation selbst wird sich weiterentwickeln.
Entscheidend ist, dass barrierefreie Dateien mit überschaubarem Aufwand machbar sind. Und barrierefrei (= strukturiert) aufgebaute Inhalte ermöglichen insgesamt „bessere“ Dokumente.