News/Blog

Absurdität im Alltag: Der Dokumentarfotograf Martin Parr

aoe / 08. Oktober 2025 / Lesezeit: 3 Minuten / Tags: Kunst, Fotografie

Die wunderbare Ausstellung in der Galerie f³ in Berlin Kreuzberg zeigt das Frühwerk des englischen Fotografen Martin Parr. Er ist vor allem für seinen späteren, knallbunten und eher bissigen Bilder, etwa von Strandbesuchern oder der englischen Gesellschaft bekannt. Der Fotojournalist hat bereits in seinen frühen Werken das Dokumentarische im Fokus und es gelingt ihm, beiläufig das Absurde einzufangen. Dabei wird niemand bloßgestellt, sondern es schwingt untergründig eine leise Melancholie mit.

Surrey Vogel Klub, Surrey, England 1972 © Martin Parr/ Magnum Photos

Die Ausstellung »Martin Parr. Early Works« widmet sich dem Frühwerk des MAGNUM-Fotografen und präsentiert selten gezeigte Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Martin Parr wurde 1952 in Epsom, Surrey geboren und war zwischen 20 und etwa 35 Jahre alt, als er die meisten der hier vorgestellten Bilder machte.

Besondere Situationen, ganz alltäglich

Zwar ist der Alltag sein Thema, bevorzugt fotografiert er aber seine Mitmenschen in besonderen Situationen: sei es beim Ausflug nach Stonehenge, beim Papstbesuch in England oder bei Feiern in der Kirchgemeinde. Dabei sind weder der Papst noch das jungsteinzeitliche Monument (die vermeintliche Hauptsache) groß zu sehen. Nein, die Besucher stehen im Mittelpunkt. Die Leute sind herausgeputzt und wirken in der ungewohnten Rolle oder Umgebung etwas unbeholfen oder fehl am Platz. Diese Momente erwischt Martin Parr immer wieder aufs Schönste.

Stonehenge, Wiltshire, England 1975 © Martin Parr / Magnum Photos

Vereinzelt mischt sich auch ein Tier in die Szene, beispielsweise es ein Kuh am Glastonbury Tor.

Glastonbury Tor, Somerset, England 1975 © Martin Parr / Magnum Photos

Zuerst findet Martin Parr seine Motive in der näheren Umgebung, später ist er auch in Indien und China unterwegs, wie einige der ausgestellten Bilder aus den 1980er Jahren zeigen. Im Foto von der St Paul’s Schule in Indien sind ausnahmsweise keine Menschen abgebildet, sondern unzählige Unterhosen (vermutlich die der Schüler), die zum Trocknen auf einem Blechdach ausgebreitet sind.

St Paul’s Schule, Darjeeling, Indien 1984 © Martin Parr / Magnum Photos

Ein Film wie ein (sehr unterhaltsamer) Diavortrag

Unbedingt empfehlenswert ist auch der Film, der in der Ausstellung zu sehen ist. Der Fotograf selbst führt in etwa 50 Minuten durch sein Werk. Mit Selbstironie zeigt er Beispiele aus verschiedenen Phasen und man lernt einen neugierigen Künstler kennen, der ganz genau hinsieht und Menschen oft exakt in dem Moment erwischt, in dem sie etwas darstellen wollen, jedoch die Maske leicht verrutscht. Dabei ist Martin Parr nie boshaft, sondern eher ernsthaft verwundert.

2017 gründete Martin Parr in Bristol, wo er seit 1987 lebt, die Martin Parr Foundation. Er fördert Fotokünstler und ist ein leidenschaftlicher Sammler von Fotobüchern.

Informationen zur Ausstellung

Martin Parr. Early Works, noch bis zum 30. November 2025
f³ – freiraum für fotografie
Prinzessinnenstraße 30
10969 Berlin
https://fhochdrei.org/martin-parr-early-works/